Worum handelt es sich bei der neuen „Flexiblen Kapitalgesellschaft“?
Die Förderung von Start-ups findet in Österreich immer mehr Anklang. Um den Anforderungen der sich rasch verändernden Geschäftswelt gerecht zu werden, beabsichtigt der Gesetzgeber, die steuerlichen Anreize zu erhöhen und die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften anzupassen.
Dies führt derzeit zu einer erfreulichen Transformation der österreichischen Wirtschaft, die besonders für aufstrebende Start-ups und Unternehmer vielversprechende Veränderungen mit sich bringt: die Einführung der neuen FlexKapG.
Das Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 spiegelt das Engagement der Regierung wider, innovative Maßnahmen zu ergreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Unternehmen zu stärken und sie auf internationaler Ebene zu positionieren. Dieses umfassende Regierungsprogramm beinhaltet nicht nur eine Überarbeitung des GmbH-Rechts, sondern führt auch zur wegweisenden Einführung einer neuen Rechtsform, die als „Flexible Kapitalgesellschaft“ bekannt ist.
Im folgenden Beitrag haben wir die wichtigsten Eckpunkte leichtverständlich für Sie zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die FlexKapG vereint bewährte Elemente von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
- Die Mindeststammeinlage beträgt EUR 10.000.
- Von der Mindeststammeinlage müssen mindestens EUR 5.000 vor der Firmenbucheintragung eingezahlt werden müssen.
- Die Beteiligung von Mitarbeitern wird steuerlich begünstigt. Es ist keine Eintragung im Firmenbuch notwendig und es entstehen keine Pflichten für die Mitarbeiter.
- Anteilsübertragungen werden wesentlich erleichtert, weil anwaltlich erstellte Urkunden ausreichen und keine Notariatspflicht mehr besteht.
Die neue Rechtsform FlexKapG – „Flexible Kapitalgesellschaft“
Die FlexKapG zeichnet sich durch eine Anpassung an das Stammkapital der „neuen“ regulären GmbH aus, wobei ein Mindestbetrag von EUR 10.000 erforderlich ist. Mindestens EUR 5.000 davon müssen vor der Eintragung im Firmenbuch eingezahlt werden. Im Gegensatz zur privilegierten GmbH-Gründung, gibt es keine zeitliche Begrenzung des Kapitals.
Hinweis: Im Zuge der Novellierung des bestehenden GmbH-Rechts wurde auch das Mindeststammkapital für Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf EUR 10.000 gesenkt. Diese Änderung betrifft auch bereits bestehende gründungsprivilegierte GmbHs, da diese nicht mehr verpflichtet sind, das Stammkapital auf EUR 17.500 aufzustocken.
Die FlexKapG stellt eine innovative Rechtsform dar und vereint altbewährte Aspekte von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften. Dabei wird die Trennung von Gesellschaftsvermögen und Vermögen der Gesellschafter betont. Dies vor allem deshalb, da sich die Beschränkung der Haftung in der heutigen globalen Wirtschaft als von entscheidender Bedeutung erweist und den Bedürfnissen von Neugründern entspricht.
Der Gesetzgeber ermöglicht es dadurch, wirtschaftliche Innovation und Unternehmertum zu fördern und moderne Unternehmensstrukturen aufzubauen. Gleichzeitig wird durch die FlexKapG die Möglichkeit geschaffen, auf wandelnde Marktbedingungen flexibler zu reagieren und Mitarbeitenden die Teilhabe am Unternehmenserfolg durch Unternehmenswertanteile zu ermöglichen.
Begünstige Beteiligung von Mitarbeitern
Ein herausragendes Merkmal dieser Entwicklung ist die Möglichkeit der steuerlich begünstigten Mitarbeiterbeteiligung. Gerade in der kritischen Start-up-Phase können qualifizierte Mitarbeiter eine unschätzbar wertvolle Rolle spielen. Die Kosten für ihre Anstellung könnten jedoch junge Unternehmen vor finanzielle Herausforderungen stellen. Hier kommt die Mitarbeiterbeteiligung ins Spiel, die es ermöglicht, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Solche Beteiligungen werden nicht im Firmenbuch vermerkt und sind mit keinen Verpflichtungen verbunden. Die steuerliche Belastung tritt erst im Falle eines späteren Exitszenarios ein.
„Mit diesen Maßnahmen bleibt unseren Start-ups mehr Spielraum für Investitionen. So verbessern wir das Umfeld für junge Unternehmen und können unsere Talente in Österreich halten. „
– Finanzminister Magnus Brunner
FlexKapG bietet größeren Handlungsspielraum
Einen bedeutenden Schritt nach vorn stellt die Einführung virtueller Generalversammlungen und Umlaufbeschlüsse dar. Dadurch können gesellschaftliche Entscheidungen zeitnah und ortsunabhängig getroffen werden, was zu effizienten und beschleunigten Entscheidungen führt.
In einer dynamischen Geschäftswelt, in der sich Marktbedingungen und Kundenverhalten rasant verändern können, ist die Fähigkeit zur flexiblen Anpassung der Geschäftsstrategie von entscheidender Bedeutung. Die FlexKapG ermöglicht auch erleichterte Kapitalmaßnahmen und erlaubt erstmals den Erwerb eigener Anteile. Dies ermöglicht es Unternehmen, schneller auf Veränderungen zu reagieren, sei es durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder, die Finanzierung von Projekten oder die Anpassung des Unternehmenszwecks. Insgesamt schafft die FlexKapG ein moderneres und dynamischeres Umfeld für österreichische Unternehmen, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen.
Anteilsübertragung
Im Rahmen der neuen FlexKapG sollen auch Anteilsübertragungen wesentlich erleichtert werden, weil keine Notariatspflicht mehr besteht und anwaltlich erstellte Urkunden ausreichen.
Noch Fragen zur FlexKapG?
Ein klar definierter Weg hin zu einer innovativen und flexiblen Unternehmenslandschaft in Österreich zeichnet sich ab. Die Einführung der neuen „Flexiblen Kapitalgesellschaft“, der Erleichterung von Mitarbeiterbeteiligungen und der Senkung des Mindestkapitals ist darauf ausgerichtet, nicht nur Start-ups zu unterstützen, sondern auch die gesamte österreichische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu gestalten und international zu positionieren.
Sollten Sie noch Fragen zu diesem Thema oder Unternehmensgründungen im Allgemeinen haben, ist Rechtsanwalt Wolfgang Stenzel der ideale Ansprechpartner.
Quellen
RA Wolfgang Stenzel LL.M.
Fokus auf StartUps, Datenschutz, AGB und Krypto
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